☝ Zu beachten
Es liegt in der Verantwortung der Firmen selbst, zu bewerten, ob sie von NIS2 betroffen sind. Behördlicherseits gibt es keine proaktiven Hinweise!
Ob Cyberattacken, Naturkatastrophen, Terroranschläge oder menschliches Versagen: Gerade im Zeitalter der digitalen Transformation ist die Unternehmens-IT einer Vielzahl von Bedrohungen ausgesetzt. Aus diesem Grund hat die EU eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Resilienz ihrer analogen und digitalen Infrastrukturen zu stärken – und eine regelrechte Flut von Verordnungen, Richtlinien und Gesetzesinitiativen ausgelöst. Bei all diesen Gesetzen zur IT-Sicherheit den Überblick zu bewahren, ist nicht einfach. Mit diesem Beitrag schafft Compliance und Audit Specialist Louis Woisetschläger Klarheit.
NIS2 ist eine EU-weite Richtlinie, deren Ziel es ist, ein einheitliches Cybersicherheitsniveau in den Mitgliedstaaten zu schaffen. Dies soll Europas Widerstandsfähigkeit gegen Bedrohungen aus dem Cyberraum (Cyberresilienz) festigen und EU-Bürgern und -Unternehmen einen problemlosen und sicheren Zugang zu vernetzten Geräten und kritischen Infrastrukturen ermöglichen. Hierzu zählen Stromnetze ebenso wie die öffentliche Verwaltung, medizinische Einrichtungen oder Banken.
Kritische Dienste gemäß NIS2: | |
---|---|
Wesentliche Einrichtungen (Essential Entities) | Wichtige Einrichtungen (Important Entities) |
Energieversorgung Straßen-, Schienen, Luft- und Schiffsverkehr Bankwesen Infrastrukturen im Finanzmarkt Gesundheitswesen Trinkwasserversorgung Abwasserentsorgung Digitale Infrastrukturen wie beispielsweise Rechenzentren und Clouddienste Verwaltung von Informations- und Kommunikationstechnologie-Dienstleistungen im B2B-Bereich Öffentliche Verwaltung Raumfahrt | Post- und Kurierdienste Abfallwirtschaft Produzenten und Händler von chemischen Stoffen Produzenten und Vertreiber von Lebensmitteln Verarbeitendes Gewerbe/Warenhersteller Anbieter digitaler Dienste Forschungseinrichtungen |
NIS2 trat bereits am 16. Januar 2023 in Kraft. Die Mitgliedsstaaten waren aufgefordert, diese EU-Richtlinie bis zum 18. Oktober 2024 in nationales Recht umzusetzen. Diesen Stichtag hat der deutsche Gesetzgeber allerdings verpasst. Deshalb soll die EU-Richtlinie – so der Plan – in Deutschland nun im März 2025 in Kraft treten.
NIS2 betrifft alle kritischen Einrichtungen (s. Infokasten) mit mindestens 50 Beschäftigten oder 10 Millionen EUR Jahresumsatz, die ihre Dienste in der EU anbieten oder dort tätig sind.
Was ist zu tun?
Betroffene Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihr Geschäftsbetrieb aufrechterhalten bleibt und sie im Fall eines Cyberangriffs schnell reagieren können. Insbesondere sind diese Vorkehrungen zu treffen:
☝ Zu beachten
Es liegt in der Verantwortung der Firmen selbst, zu bewerten, ob sie von NIS2 betroffen sind. Behördlicherseits gibt es keine proaktiven Hinweise!
Die CER Directive – zu Deutsch: „Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen“ („RCE-Richtlinie“) – ist eine EU-weite Direktive. Sie dient der Stärkung der Resilienz kritischer Infrastrukturen in der EU gegen Online- und Offline-Bedrohungen.
Die CER-Richtlinie gilt bereits seit 16. Januar 2023.
Für Betreiber kritischer Infrastrukturen (KRITIS) bedeutet die CER-Richtlinie eine Reihe geänderter und neuer Anforderungen.
☝ Schon gewusst?
Unter „KRITIS“ versteht man Institutionen, die für die Aufrechterhaltung essenzieller staatlicher Funktionen und für das öffentliche Wohl von zentraler Bedeutung sind. Eine Störung oder ein Ausfall dieser Infrastrukturen könnte zu langanhaltenden Versorgungsdefiziten, signifikanten Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit oder anderen weitreichenden Konsequenzen führen.
Was ist zu tun?
Die Umsetzung erfolgt durch die nationale Gesetzgebung. In Deutschland ist dies das KRITIS-Dachgesetz (s. u.)
Während NIS2 die Cybersicherheit im Blick hat, ist die CER-Richtlinie auf die physische Resilienz kritischer Infrastrukturen ausgelegt. NIS2 betrifft eine Vielzahl von wirtschaftlichen Sektoren und mittelgroße sowie große Unternehmen. Die CER-Richtlinie hingegen verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, kritische Einrichtungen gegen Bedrohungen aller möglichen Art abzusichern. Dazu gehören Cyberangriffe, aber auch menschliches Versagen, Sabotageversuche, Terroranschläge oder Naturkatastrophen (“All-Gefahren-Ansatz”).
Beim KRITIS-Dachgesetz handelt es sich um die Umsetzung der CER-Richtlinie in Deutschland. Es betrifft also die Robustheit kritischer Infrastrukturen (KRITIS) gegenüber Gefahren jeglicher Art und legt erstmalig auf Bundesebene fest, welche Einrichtungen als kritisch zu erachten sind.
Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, das CER bis zum 17. Oktober 2024 in nationales Recht zu gießen. Damit ist das KRITIS-Dachgesetz ab dem 18. Oktober 2024 in Kraft. KRITIS-Unternehmen haben dann noch bis 17. Juli 2026 die Gelegenheit, die erforderlichen Maßnahmen umsetzen. Erst ab dann drohen Sanktionen bei Versäumnissen.
Adressaten des Gesetzes sind Einrichtungen, die entscheidend für die allgemeine Versorgung in Deutschland sind und zu deren Zuständigkeitsbereich mehr als 500.000 Einwohner zählen.
Was ist zu tun?
KRITIS-Betreiber müssen Vorkehrungen treffen, um auf die spezifischen Bedrohungen verhältnismäßig reagieren zu können. Hierzu gilt es, Risikoanalysen durchzuführen und daraufhin entsprechende Resilienzpläne zu entwickeln. Hier können Betreiber und Branchenverbände auch zusammenarbeiten, um gemeinsam sektor- und branchenspezifische Mindeststandards zu entwickeln.
Gerade KRITIS-Unternehmen unterliegen besonders hohen Datenschutz- und Compliance-Auflagen. Für sie heißt es, auf Technologien zu setzen, die nachweislich vor unbefugten Zugriffen sicher sind und dies auch durch unabhängige Zertifizierungen dokumentieren können. Idealerweise verfügt der Anbieter über eigene Server (Housing statt Hosting) in zertifizierten Rechenzentren.
Der Digital Operations Resilience Act – kurz DORA – ist eine EU-Verordnung, die die Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors gegenüber Bedrohungen aus dem Cyberraum stärken soll. Hierzu sollen bereits existierende Verordnungen und -Richtlinien miteinander in Einklang gebracht werden. Dies soll den Finanzmärkten einen einheitlichen Rahmen für die Handhabung von Cybersicherheitsbedrohungen und Risiken in der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) bieten. In Deutschland wird DORA durch das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (FinmadiG) in nationales Recht gewandelt.
Die Verordnung ist bereits seit 16. Januar 2023 wirksam und musste innerhalb von 24 Monaten umgesetzt werden. Seit dem 17. Januar 2025 ist DORA direkt in allen EU-Ländern gültig und anwendbar.
DORA richtet sich an eine sehr breite Palette von Akteuren im europäischen Finanzsektor, darunter unter anderem:
Was ist zu tun?
Betroffene Unternehmen sind verpflichtet, diverse Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass der Geschäftsbetrieb aufrechterhalten bleibt. Insbesondere müssen sie diese Kernthemen angehen:
Ziel des Cyber Resilience Act (Cyberresilienzgesetz, CRA) ist es, einen EU-weit einheitlichen Rechtsrahmen zu schaffen, der Verbraucher und Unternehmen, die Produkte mit digitalen Elementen (wie Fitnessarmbänder, Babyphones oder IoT-Geräte) erwerben und nutzen, vor Cyberangriffen schützt. Den Anwendern wiederum soll es das neue Gesetz erleichtern, bei der Wahl und Nutzung solcher Produkte die Cybersicherheit im Blick zu haben.
Bei Nichteinhaltung drohen Geldbußen in Höhe von bis zu 15 Millionen Euro beziehungsweise 2,5 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des betreffenden Unternehmens. Gegebenenfalls kann auch das Produkt komplett vom Markt genommen werden.
Der CRA trat am 11. Dezember 2024 in Kraft. Die Produkthersteller haben im Anschluss 36 Monate – also bis 11. Dezember 2027 – Zeit, die Vorgaben umzusetzen.
Unternehmen, die Hard- oder Softwareprodukte mit digitalen Komponenten herstellen oder vertreiben (Hersteller, Importeure und Distributoren).
Was ist zu tun?
Die Hersteller sind angehalten, ihre Hard- und Softwareprodukte von vornherein sicherer zu designen und den Schutz über die gesamte Lebensdauer des Erzeugnisses aufrechtzuerhalten.
Insbesondere sind sie in der Pflicht,
Zudem dürfen Hersteller, Importeure und Distributoren ausschließlich Produkte auf den EU-Markt bringen, die die Cybersecurity-Anforderungen erfüllen.
Der EU Data Governance Act ist eine sektorübergreifende Verordnung der EU, die den Austausch und die Verwendung von Daten über Mitgliedstaaten hinweg erleichtern soll. Mit ihr soll ein rechtlicher Rahmen dafür geschaffen werden, die Daten für das Gemeinwohl weiterverwenden zu können. Dies gestattet es, altruistische Ziele wie die Bekämpfung des Klimawandels, Verbesserungen in der Gesundheitsversorgung oder optimierte Mobilitätskonzepte schneller zu erreichen. Der EU Data Governance Act soll deshalb das Vertrauen in den freiwilligen Austausch von Daten fördern, den Rahmen für ein sicheres Teilen der Informationen bieten und technische Hindernisse für deren weitere Nutzung beseitigen. Zusätzlich regelt die Verordnung die Tätigkeit von Datenvermittlungsdiensten (Datenintermediären), die den Informationsaustausch zwischen Dateninhabern und -nutzern ermöglichen.
Der EU Data Governance Act trat am 23. Juni 2022 in Kraft und ist nach einer Übergangsfrist von 15 Monaten seit 24. September 2023 gültig.
Der Data Governance Act betrifft prinzipiell jedes Unternehmen, hauptsächlich aber öffentliche Stellen, Datenvermittlungsdienste, altruistische Organisationen und Unternehmen, die sich die Daten des öffentlichen Sektors zunutze machen möchten.
Was ist zu tun?
Datenvermittler oder Unternehmen, die Daten aus dem öffentlichen Sektor gemäß dem DGA verwenden möchten, sind verpflichtet, bestimmte Aspekte zu beachten. Hierzu zählen die folgenden:
Bislang waren die bei der Nutzung vernetzter Geräte entstehenden Daten meist ausschließlich den jeweiligen Geräteherstellern vorbehalten. Dem will der EU-Verordnungsvorschlag „EU Data Act“ entgegenwirken und die Wertschöpfung aus diesen Informationen auf alle Akteure gerecht verteilen. So sollen nicht nur die Dateninhaber (Hersteller des Produkts) auf die Informationen zugreifen können, sondern auch die Nutzer der Produkte und eventuelle Drittempfänger.
Der EU Data Act definiert, wann sowohl Unternehmen als auch Nutzer Daten von vernetzten Geräten erhalten und weiterverteilen dürfen. Auch der Wechsel von einem Datenverarbeitungsdienst zum nächsten sowie die verbesserte Kompatibilität ausgetauschter Daten steht im Fokus des Data Acts.[7]
Der EU Data Act – oder „Verordnung über harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung“ – trat am 11. Januar 2024 in Kraft. Er gilt nach einer Übergangsfrist von 20 Monaten EU-weit und ist ab dem 12. September 2025 anwendbar.
Der EU Data Act betrifft alle in der EU tätigen Unternehmen gleich welcher Branche, die Daten vernetzter Geräte erfassen und verarbeiten. Das heißt: Auch Firmen, die ihren Sitz nicht in der EU haben, dort aber Geschäfte betreiben, sind davon nicht ausgenommen. Vornehmlich sind es aber die Produzenten von vernetzten Produkten, die der Data Act berührt.
Verstöße gegen den EU Data Act werden mit bis zu 20 Millionen EUR oder beziehungsweise bis zu 4 Prozent des weltweiten Umsatzes des vorherigen Geschäftsjahres geahndet. Lediglich Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz unter 10 Millionen Euro sind davon nicht betroffen.
Was ist zu tun?
Insbesondere Unternehmen werden nun hinsichtlich Transparenz und Kontrolle über die Daten zur Verantwortung gezogen. So verpflichtet der Data Act etwa den Dateninhaber, die entstandenen Daten dem Endnutzer, einem von diesem beauftragten Dritten oder behördlichen Institutionen bereitzustellen. Ebenso sind die Hersteller dazu angehalten, ihre Produkte von vornherein so zu gestalten, dass die bei ihrer Verwendung anfallenden Daten dem Nutzer standardgemäß auf eine einfache, sichere und unmittelbare Weise zugänglich gemacht werden. Die Anwender sind dabei bereits vor Vertragsabschluss über die Art und den Umfang der durch die Produktnutzung zu erwartenden Daten sowie über die Modalitäten des Datenzugriffs aufzuklären.
Unternehmen, speziell KMUs, müssen sich auf wesentliche Herausforderungen durch den Data Act einstellen:
Der “Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act” (CLOUD Act) ist ein US-amerikanisches Gesetz, das es US-Behörden erlaubt, weltweit auf Daten zuzugreifen, die bei US-amerikanischen Unternehmen und deren Tochtergesellschaften gespeichert sind. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Daten in der Cloud oder in einem Rechenzentrum befinden. Das bedeutet: Selbst, wenn das US-Unternehmen seine Daten in einem Datenzentrum der EU speichert, sind diese nicht vor dem Zugriff durch die US-Behörden geschützt.
☝ Schon gewusst?
Der CLOUD Act steht in Konflikt mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union. Verstöße gegen die DSGVO können Bußgelder bis zu 20 Millionen Euro oder 4 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens nach sich ziehen.
Betroffen sind sämtliche Unternehmen, die Dienste oder Tools von US-basierten Anbietern (wie etwa Microsoft Teams) nutzen.
☝ Zu beachten
Auch europäische Firmen, die ihre Daten in einem Rechenzentrum in der EU speichern, können verpflichtet sein, den US-Behörden Zugriff auf ihre Daten zu geben. Dies ist dann der Fall, wenn das Rechenzentrum von einem US-Provider zur Verfügung gestellt wird
Ist bereits seit Ende März 2018 in Kraft.
Was ist zu tun?
Betroffene Unternehmen stehen vor einem Dilemma: Beugen sie sich dem CLOUD Act und geben die Daten heraus, verstoßen sie gegen geltendes EU-Recht. Weigern sie sich, den US-Behörden die Informationen zur Verfügung zu stellen, ist dies ein Verstoß gegen den CLOUD Act. Sie müssen also überlegen, welches Recht sie verletzen möchten, um den geringsten Schaden zu erleiden.
Wer als betroffenes Unternehmen auf Nummer sicher gehen will, kann auf Technologie-Ansätze wie Confidential Computing oder die Sealed Cloud setzen. Diese bieten einen zuverlässigen Schutz für sensible Daten, unabhängig vom Sitz des Anbieters. Sind diese auch noch zertifiziert und befinden sie sich zudem in ebenfalls zertifiziert sicheren Rechenzentren in einem Land wie Deutschland, das ein ausreichendes Datenschutzniveau bietet, gibt dies extra Sicherheit.
Titelbild: Shutterstock / Ground Picture